280 Dachgeschoss
Das Dachgeschoss ist dem Weinanbau gewidmet. Hier findet man die historischen Pflanz-, Anbau- und Ernteverfahren und die entsprechenden, zum Teil sehr schön restaurierten Geräte. …
Reben wurden früher immer sauber gehalten im Gegensatz zur heutigen Begrünung. Das erhöhte die Gefahr der Abschwemmschäden. Oft musste die abgeschwemmte Erde wieder mühsam in die Reben getragen werden. In alter Zeit gab es nur sehr wenige Fahrwege in den Reben, meist waren es nur schmale Fußpfade und steile Steintreppen, über welche der gesamte Transport auch bei der Weinlese abgewickelt werden musste.
Rebstecken wurden aus dem Holz der Edelkastanien hergestellt, hier wird beispielhaft das Spalten der Stecken demonstriert. Auch die Ruckkörbe waren aus Kastanienholz. Sie wurden zum Transport von Mist, Erde und vielem mehr verwendet. Stickeisen dienten zum Hineindrücken der Rebstecken in die Erde. Das Stickeisen wurde mit einem Riemen am Fuß befestigt. Dafür war festes Schuhwerk erforderlich. Diverse Hacken, Karst und sonstige Geräte zur Bodenbearbeitung in den Weinbergen sind hier ebenfalls zu sehen.
Rebmesser waren in alter Zeit das einzige Werkzeug zum Beschneiden der Reben (siehe auch Vitrine im Erdgeschoss). Heute wird das Rebmesser in verschiedenen Formen und Größen oft noch bei “Steckreben” verwendet, um den Bast oder die Heftschnüre aufzureißen.
Später kamen für den Rebschnitt im Winter oder Frühjahr die Rebscheren auf. Die alten bzw. überzähligen Zweige müssen vom Winzer abgeschnitten werden, damit wieder neue Triebe und Zweige wachsen können. Durch den Rebschnitt kann der Winzer übermäßigen Behang oder Wildwuchs verhindern und damit auch den Ertrag regulieren. Regulierter, das heißt verminderter Ertrag ergibt in der Regel eine bessere Qualität der Trauben.
Kopfweiden wurden entlang der Bäche und Gräben gepflanzt und ihre Äste wurden im Weinbau ausgiebig genutzt. Die biegsamen Äste der Weiden wurden in der Winterzeit in der Stube geputzt. Kleine und dünnere Weidenäste dienten dann zum Anbinden der Reben, dickere Äste nutzte der Korbmacher.
Rebhüter wachten über die Ordnung und die Einhaltung von Vorschriften in den Reben. So wurden zu Beginn der Traubenreife die Weinberge auf Anordnung des Regierungspräsidiums geschlossen. Ausnahmen vom Verbots zum Begehen der Reben gab es nur für die Eigentümer bzw. Bewirtschafter der jeweiligen Weinberge.
Die Erschließung des Geländes für den Weinbau war früher ein mühsames Geschäft. Vor dem Einsatz von Baggern und Planierraupen musste das oft steinige Gelände mit Pickel und Stockhau umgegraben (umbrochen) werden. Die dazu benutzten Brechwerkzeuge sind hier ausgestellt. Auf diese Art wurde beispielsweise von 1859 bis 1864 für Nutzbürger die heutige Steillage Plauelrain angelegt. Der Berg wurde früher für den Eisenerz-Bergbau genutzt, der heutige Plauelrainbrunnen nutzt noch einen der alten Bergwerksschächte. Der danach entstandene minderwertige Wald wurde zur Anlage eines Weinbergs mühsam “ausgestockt”.
Ein Bild zeigt das Anlegen der ersten Draht-Rahmen-Anlage im Weingut Zorn von Bulach, dem heutigen Graf Metternich’schen Weingut. Man findet dort auch die Darstellung einer der ersten Seilzugwinden zur Bodenbearbeitung aus den 1930er Jahren. Umlenkrollen für das Seil waren aufgrund des Geländeverlaufs meist erforderlich.
Ein weiteres Bild aus dem Jahr 1900 zeigt die Anpflanzung eines Weinbergs mit „wurzelechten Reben“. Rebzweige wurden in einen Graben verlegt und an „Krefzensteckle“ hochgezogen. Im zweiten Jahr wurde dann ein Zweig weiter in den Boden bis zur nächsten Reihe verlegt. Der Boden war dadurch vollkommen verwurzelt und eine Bearbeitung mit dem Pflug nicht möglich.
Mit Verbreitung der Reblaus seit 1900 wurden die wurzelechten Reben immer mehr geschädigt. Versuche, die Reben durch Schwefelbehandlungen im Boden mit einer Spritze, wie sie hier ausgestellt ist, von diesem Schädling zu befreien, brachten wenig Erfolg. Ende der 1920er Jahre ging man deshalb dazu über, Pfropfreben bei der Neupflanzung zu verwenden. Die Unterlagen sind gegen die Reblaus resistent. Erste Veredelungen führten die Durbacher Winzer auf Schloss Staufenberg durch, wie dies auf einem Bild zu sehen ist. In den 1930er Jahren wurden schließlich die wurzelechten Reben bei Neupflanzungen verboten, um eine noch stärkere Ausbreitung der Reblaus zu vermeiden.
Erst seit ca 1900 werden überhaupt richtige Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt. Die verschiedenen Spritzgeräte zeigen die damalige mühsame Arbeit. Mit der Pressluft-Rückenspritze musste diese schwere Arbeit bewältigt werden. Spritzbrühe und Pressluft wurden mit der dargestellten Füllpumpe in den Druckbehälter gepumpt. Sehr starke und inzwischen verbotene Giftstoffe wurden zur Schädlingsbekämpfung verwendet. Heute wird auf Gift in den Reben fast vollständig verzichtet. Zur Schädlingsbekämpfung zum Beispiel gegen den Heu- oder Sauerwurm werden biologische Mittel, besonders Pheromone, eingesetzt. Duftstoffe in Kapseln sorgen dafür, dass die Motten-Männchen die Weibchen nicht finden. Zur Behandlung von Pilzerkrankungen ist jedoch nach wie vor das Spritzen notwendig. Heute verwendet man hierzu weitgehend Sprayer, mit denen bis ca 30 m tief in die Rebzeilen gespritzt werden kann. Noch zielgerichteter funktioniert der Pflanzenschutz heute mit Hilfe von Drohnen.